Hilferuf

Würdigung für Dr. Lena Ohnsorge

_Ohnesorgestraße_Schild

 

Am 18.09.2008 wurde auf Beschluss der Stadtverordnetenversammlung ein Teil der alten Brüssower Straße in „Dr.-Lena-Ohnesorge-Straße“ benannt.

Ohnesorge, Lena, Dr. med. (1898–1987) wurde am 17.7.1898 als zweites von fünf Kindern des Böttchermeisters und Essigfabrikanten Richard Voss (1855-1912) in Prenzlau geboren. Ihre Mutter, Elise Auguste, geb. Müller (1870-1951) war bis 1912 als Reichsbahnsekretärin tätig, bevor sie nach dem Tod ihres Mannes das Familienunternehmen übernahm. Lena Ohnseorge besuchte in Prenzlau von 1905-1914 die Höhere Töchterschule, dann das Oberlyzeum, das sie 1917 nach der Lehrerinnenprüfung verließ. Es schließen sich 1918 die Abiturprüfung in Stettin und danach ein Medizinstudium und der Besuch von volkswirtschaftlichen Vorlesungen in Berlin, Marburg, Würzburg, Innsbruck und Kiel an, bevor sie ihr medizinisches Staatsexamen und 1923 in Kiel ihre Promotion mit einer Arbeit über Mumps in Kieler Schulen abschloss. Ihre praktische Ausbildung absolviert sie von 1923-1925 im Kreiskrankenhaus Prenzlau und im Krankenhaus Berlin. Nach der Einführung des Frauenwahlrechts wurde sie 1919 zur ersten Stadtverordneten der Stadt Prenzlau gewählt. 1924 heiratete sie Dr. med. Hans Ohnesorge aus Bergen/Rügen (gestorben 1953), den sie im Prenzlauer Krankenhaus kennen gelernt hatte. 1925 wird der Sohn Friedrich Karl geboren, 1927, 1932 und 1934 folgen die Töchter Ina, Gerta und Karin. Nach dem Tod eines fünften Kindes, das kurz nach der Geburt im Krieg stirbt, nimmt sie 1945 den Freund ihres Sohnes in die Familie auf.  Seit 1927 war L. O. nebenberuflich am Prenzlauer Mädchenfürsorgeheim (Korrigendenanstalt) und am Wanderheim tätig, wo sie etwa 150 junge Frauen sowie Land- und Stadtstreicher betreute. Nachdem ihr Mann 1939 zur Wehrmacht eingezogen wurde, führte sie beide Praxen allein weiter. 1944 unterstützt sie die aus der Sippenhaft entlassenen Familienangehörigen des hingerichteten Ulrich-Wilhelm Graf Schwerin zu Schwanenfeld, der an dem am 20. Juli 1944 auf Hitler verübten Attentat beteiligt war. Als praktische Ärztin war sie in Prenzlau bis April 1945 tätig. Es folgt die Flucht über Wismar nach Lübeck, wo sie bis 1957 erneut als Ärztin tätig war. Ab 1950 war sie im schleswig-holsteinischen Landtag (Abgeordnete des BHE – Bund der Heimatvertriebenen und Entrechteten, ab 1959 der CDU). Von 1956-1958 war sie Vorstandsmitglied der Lübecker Possehl-Stiftung und von 1957 bis 1967 Ministerin für Arbeit, Soziales und Vertriebene des Landes Schleswig-Holstein. Sie war vor allem tätig bei der Wiedereingliederung und Entschädigung der Vertriebenen und Flüchtlinge. Für ihr soziales Engagement wurde sie mit dem Bundesverdienstkreuz mit Stern und Schulterband und der Paracelsus-Medaille des Deutschen Ärztetages geehrt. Nach 1967 ist sie Vorsitzende des deutschen Ärztebundes und stellvertretende Vorsitzende des internationalen Ärztinnenbundes. Weiterhin war sie Mitglied der Goethe-Gesellschaft in Weimar. Lena Ohnesorge starb am 12.8.1987 in Bochum. Ihr immer wieder auf die Heimat bezogenes historisches Interesse gab 1983 den Anstoß zu dem Prenzlau-Buch von 1984, zu dem sie selbst einen umfangreichen Aufsatz beisteuerte, und später zu den „Uckermärkischen Heften“. Am 12.8.2007 wurde an ihrem ehemaligen Wohnhaus in der Brüssower Straße 1 eine Erinnerungstafel enthüllt, die ihre Verdienste würdigt.

Q.: Ohnesorge, Lena: Erinnerungen an das Medizinalwesen in Prenzlau vor 1945, in: PB 1984, S. 333-343. Kegel, Gerhard: Frau Minister. Sehr persönliche Erinnerungen an Lena Ohnesorge, in: UH Bd. 1, S. 315f. Ders.: Lena Ohnesorge, in: Der Uckermärker. Ein Heimatblatt der AG für uckermärkische Geschichte, 1, 1988. Schleswig-Holsteinische Politikerinnen der Nachkriegszeit – Lebensläufe. Gegenwartsfragen Bd. 73, Hg. Landeszentrale für Politische Bildung Schleswig-Holstein, 1994, S. 38-43. Schneider, Heinz und Theil, Jürgen: Zum 20. Todestag der bekannten Prenzlauerin Dr. Lena Ohnesorge, in: HeimatKurier vom 23.7.2007, S. 22. Lebensbilder: Frau Dr. Lena Ohnesorge, in: HK 2008, S. 94-100. Frankfurter Allgemeine 1957 (23.10., 24.10., 28.10). Stadt Prenzlau (Hg.): Prenzlauer Stadtfriedhof. Ehrenmale, Persönlichkeiten & kulturhistorisch wertvolle Grabmale o.J. Sielmann, Michael: Die Frauen der Ohnesorges und ihre Familien Kennemann, Jahn und Voss, Würzburg 2004 (maschinenschriftlich).

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Blick in die Dr.-Lena-Ohnesorge-Straße in Richtung Brüssower Allee (Foto: Dr. Matthias Schulz, 2013)

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Die Dr.-Lena-Ohnesorge-Straße beginnt gegenüber der alten Kreisverwaltung Stettiner Straße / Ecke Grabowstraße (Foto: Dr. Matthias Schulz, 2013)

 

 

 

 

 

 

 

 

weitere Quellen:

  • zitiert nach: Jürgen Theil. Stadtlexikon. 2005.
  •  Hans-Joachim Gutschmidt, Heinz Schneider: Wer war Dr. Lena Ohnesorge? In: Mitt. Uckermärk. Geschver. H. 19 2013, S. 209–213.