Landesausstellung „17. Juni 1953“
Datum/Uhrzeit
21/10/2013
10:00
23.10.2013 07:34 Uhr / Märkische Oderzeitung
Tag X in der Uckermark
Prenzlau (os) Jahrzehntelang haben Augenzeugen geschwiegen. Deshalb wurde jetzt erst bekannt: Auch in der Uckermark hat es Unruhen am 17. Juni 1953 gegeben. Eine Ausstellung in Prenzlau informiert über den Tag X der ostdeutschen Geschichte.
Kurator der Ausstellung: Rainer Potratz hat über die Ursachen und Folgen des 17. Juni geforscht. © Oliver Schwers
Ausnahmezustand in Prenzlau. Verkündet vom sowjetischen Kommandanten. Ausgehängt als Plakat mit Riesenlettern auf allen Litfaßsäulen. Der RIAS berichtet von einem Aufstand der Arbeiter in Berlin. Überall im Land gibt es kein anderes Gesprächsthema in diesen Tagen um den 17. Juni 1953. Heinz Günther, Unterleutnant der Kasernierten Volkspolizei in Prenzlau, wird mit seiner Einheit in die Hauptstadt geschickt. Die Uniformierten erhalten Waffen und Munition. „Keiner traute sich ein Wort zu sagen“, erinnert sich der heute 84-Jährige. „Die Menschen wussten, dass etwas kommen wird.“ Acht Tage ist die Prenzlauer Volkspolizeibereitschaft in Alarmbereitschaft. Dann kehrt sie in die Uckermark zurück. Doch nicht nur in Berlin, sondern auch in zahlreichen Städten Brandenburgs gibt es öffentliche Proteste und Unruhen. Was viele Jahre geheim gehalten oder auch gar nicht bekannt war, lässt sich heute nur schwer über Augenzeugen rekapitulieren. Es waren vor allem die Bauarbeiter in der DDR, die auf die Straße gingen. In Prenzlau wurden gerade Kasernen und Wohnblöcke für Militäreinheiten gebaut. Plötzlich brannten Strohballen. 40 Arbeiter sollen sich im Kulturraum der Bau-Union versammelt und dort den RIAS gehört haben. Augenzeugenberichten zufolge warfen sie einen Abschnittsbevollmächtigten, der das Radio einziehen wollte, hinaus. Die Folge: Nach den Unruhen gab es eine Verhaftungswelle überall im Lande. Über Details informiert eine Wanderausstellung des Landes Brandenburg, initiiert von der Beauftragten zur Aufarbeitung der Folgen der kommunistischen Diktatur, in Prenzlau. Sie wurde im Beisein von Augenzeugen, Politikern der Stadt und einigen wenigen geschichtsinteressierten Bürgern eröffnet. „Anlässlich des 60. Jahrestages des Volksaufstandes wollen wir an ausgewählten Standorten zeigen, was damals auf dem Lande passiert ist“, erklärt Kurator Rainer Potratz.
Über die Vorkommnisse in der Uckermark ist in den Unterlagen von Behörden und Staatssicherheit wenig bekannt. Der Historiker Jürgen Theil hat versucht, einen Überblick zu geben. Ein Teil seiner Forschungen fand Eingang in die Ausstellung. Demnach hat es auch in Angermünde eine Versammlung von 80 bis 100 Jugendlichen gegeben, die am 17. Juni „randalierend“ vor der Kreisverwaltung auftraten. Sechs VP-Angehörige hätten durch „bloße Agitation“ die Versammlung auflösen können, heißt es in einem späteren Bericht der Polizeibehörde.
„In der Stadt und auf dem Land! Der Volksaufstand am 17. Juni 1953 in Brandenburg“, Ausstellung in der Prenzlauer Uckerseehalle, 22. Oktober bis 30. November, Montag bis Freitag von 7.30 bis 16 Uhr, um vorherige Anmeldung unter Telefon 03984 2314 wird gebeten.